Bericht: Sommerreise 'Fliegender Stern'

(21.09.2012 DE) Anreise: Die Reise startet am 23. Juli bei warmem und sonnigem Wetter – der Wind ist allerdings ziemlich flau. Wir starten nachmittags und erreichen die Hansestadt Stade. Die Folgetage „glänzen“ ebenfalls mit viel Sonne, viel Wärme und wenig Wind:

Über die Stationen Wischhafen und Neuhaus an der Oste arbeiten wir uns bis in das n-liche Klotzenloch vor, machen dort Anker- und Badepause und segeln dann mit der Flut nach Cuxhaven zurück. Wir treffen dort Clubkollegen und liegen neben einem Ausbildungsboot der Seglervereinigung Cuxhaven – für Unterhaltung ist gesorgt – vom kostenfreien Internetzugang des Hafens mal abgesehen.

Am 27. Juli starten wir um 9.25 Uhr mit dem ablaufenden Wasser den etwas größeren Sprung nach Helgoland: Ab dem Mittelgrund und durchs Lüchterloch können wir zeitweilig sogar mit Spinnaker segeln. Der Wind dreht jedoch immer weiter Richtung W, im Mündungsbereich der Norderelbe wird’s ungemütlich und feucht und schließlich müssen wir noch einige Kreuzschläge machen. Nach 31 gesegelten Meilen erreichen wir Helgoland um15.30 Uhr und machen als viertes Schiff im Päckchen fest.

Noch am Abend zieht eine Gewitterfront mit Blitz und Donner, Sturm und Starkregen über die Insel: Winddrehung um 90 Grad und Böen Bft. 9 – gut, dass wir rechtzeitig zusätzliche Landleinen ausgebracht haben!

Es bleibt stürmisch, ein Hafentag erlaubt Einkäufe, Restaurantbesuch und einen stürmischen Inselrundgang, der uns auf dem Oberland einiges abverlangt

Am 29. Juli laufen wir dann bei SE 4 morgens Richtung Süden aus. Mit Großsegel und Genua II kommen wir zunächst gut über den Seegang hinweg. Wir müssen dann allerdings wegen des abflauenden Windes mühsam auf die große Genua 1 wechseln und noch dazu einem Containerschiff frühzeitig ausweichen.

Uli beklagt sich über erste Anzeichen von Seekrankheit.





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Die ostfriesischen Inseln:

Wir erreichen schließlich um 16.00 Uhr die Ansteuerungstonne für die Otzumer Balje zwischen Spiekeroog und Langeoog und laufen in das bezeichnete Fahrwasser des Seegatts ein. Wir machen nach 38 gesegelten Meilen und drei Stunden nach Niedrigwasser um 17.30 Uhr im Hafen von Spiekeroog fest.

Nun folgt ein Hafentag mit Strandspaziergang, Baden, Orts- und Kirchenbesichtigungen Besonders die moderne katholische Kirche im Westen der Insel beeindruckt uns mit großer Zeltform, schlichter Holzarchitektur und buntem Gestühl.

Und was uns Hamburgern besonders gefällt: Spiekeroog ist frei von Verbrennungsmotoren! Elektrokarren surren umher und schleppen auch große Lasten wie Müllcontainer und Urlaubsgepäck. Viele Bäume, Landhäuser und reichlich Restaurants mit Veranden und üppigen Gärten prägen den gemütlichen Ort

Am 31. Juli „verholen“ wir uns per Wattenfahrwasser nach Langeoog. Im Osten der Insel beobachten wir zahlreiche Seehunde auf den vorgelagerten Sandbänken. Eine Stunde vor Hochwasser passieren wir das Wattenhoch mit ziemlich wenig Wasser unter dem Kiel.

Nach 2 ½ Stunden Segel- bzw. Fahrzeit können wir im Hafen von Langeoog gemäß Wink des Hafenmeisters in „unsere“ Box einlaufen und festmachen. Auch den hafeneigenen Brötchenservice nehmen wir gerne mit, da die Ortschaft weit vom Hafen entfernt ist.

Langeoogs Hafen mit Umfeld ist noch bis heute von Marine- und Fliegerplanungen aus der Nazizeit geprägt: weite Betonpisten, große Molen und dicke Molenköpfe können den Besucher zunächst erschrecken, bevor dann die bunte Inselbahn, Pferde, Fahrräder und Kindergeschrei einen Ausgleich schaffen.

Der Hafen von Baltrum wird in Jan Werners Nordseehandbuch als unruhig bei s-lichen Winden bezeichnet, und auf dem Baltrumer Wattenhoch soll bei Hochwasser nur 1,55 m Wasser stehen. Das wirkt wenig attraktiv bzw. ist zu knapp bei unserem Tiefgang von 1,55 m. Wir verlassen deshalb das Wattenmeer am 1. August zwei Stunden vor Hochwasser über die Accumer Ee und segeln bei W-SW 3-4 „außenrum“ nach Norderney. Bei dieser Windrichtung haben wir in Lee der Inseln ruhiges Wasser und kommen auch über einige Sandbänke hinweg. Gegen die (jetzt ablaufende) Tide laufen wir in das Dovetief ein; bei flauem Wind und einer Strömung von z. T. 3 Knoten ist hier Motorkraft gefragt! Nach 23 sm können wir schließlich im Sportboothafen Norderney im Päckchen anbinden.

Einen vom Wetterdienst vorhergesagten wilden nächtlichen Gewittersturm reiten wir mit zusätzlichen Außenliegern dank deren vorsorglicher Extraleine ohne Blessuren im Hafen ab.

Aber es ist uns doch zu trubelig im Hafen Norderney: Sehr viele Segler und Motorbootfahrer schätzen die relativ sichere Erreichbarkeit des Hafens durch Dovetief oder Schluchter von der Nordsee her, das Wochenende würde zusätzliche Hafengäste bringen.

Wir setzen also unser Inselhopping fort und segeln bei WSW 4 über das Memmert- und dann das Juister Wattfahrwasser nach Juist. Bei Hochwasser treffen wir dort plangemäß ein, passieren in der Hafeneinfahrt das künstlerisch gestaltete, hoch aufragende und begehbare neue „Seezeichen“ und finden auch prompt etliche freie Liegeplätze vor. Wegen der starken Verschlickung des Hafens ist zeitlich gesehen nicht allzu viel Spielraum für uns, Boote mit mehr Tiefgang trauen sich wohl gar nicht hierher. Zwei Hafentage auf Juist folgen: Eine Radtour mit Wanderung zur Westspitze mit dem weit vorgelagerten Billriff, Einkäufe und
Strandbesuch verzeichnet das Logbuch.



Am 5. August segeln und motoren wir den FLIEGENDEN STERN bei wenig Wind zurück nach Norderney. Wir besuchen dort trotz Regenschauer das edel restaurierte Kurhaus, Promenade und Restaurant, wundern uns über einige Straßen mit sehr vernachlässigter Bausubstanz. Auch Einkaufsmöglichkeiten und Tankautomaten am Hafen nutzen wir.

Trotz des vorhergesagten höheren Wasserstandes wählen wir wieder die Route „außenrum“

(die Fahrerei von Pricke zu Pricke im Watt kann auch nervig sein) und können so wieder etwas freier und spannender segeln (mit Regenschauern :-). Wir entdecken und erreichen schließlich die Ansteuerungstonne Accumer Ee (ca. 1 sm westlich der in der aktuellen elektronischen Seekarte angegebenen Position !) und können mit auflaufendem Wasser zügig den Hafen von Langeoog erreichen.

Hafentag Langeoog: Einkäufe, Bahnfahrten, Restaurantbesuch und Spaziergänge füllen den Tag.

Am 8. August überführen wir kurz vor dem Nachmittagshochwasser den FLIEGENDEN STERN per Wattenfahrwasser wieder nach Spiekeroog. Etwas mehr als zwei Stunden braucht dieses Manöver.

Wegen der ungünstigen Tide, und weil „zugeparkt“ im leicht überfüllten Hafen verzichten wir auf die Weiterfahrt für den nächsten Tag: Wir klönen ausgiebig mit den holländischen Nachbarn von der NJÖRD (auf Englisch) und machen Werbung für den Ballad-Klub bei einem Bremer Segler, der eine damals in der Marina Wendtorf schwer beschädigte Ballad mit aufwendigen Reparaturen vor dem Shredder gerettet hat. Abends verholen wir den FLIEGENDEN STERN an einen günstigeren Liegeplatz mit besserer Wassertiefe.




Überraschung im Seegatt:

Der 10. August schien uns mit der Vorhersage W bis NW 4 und mit Niedrigwasser Scharhörnriff um 12.14 Uhr günstig für den Trip nach Cuxhaven zu sein. Wir stehen also früh auf und legen schon um 7.30 Uhr ab, damit noch ausreichend Wasser ist, um den Hafen zu verlassen. Damit haben wir ablaufendes Wasser für die Otzumer Balje und finden auch noch ausreichend Wasser an den kritischen, flachen Stellen des Seegatts vor (es sollen 2,8 m bei mittl. Niedrigwasser sein).

Großsegel, Genua III und die Ebbe bringen uns rasch in das Seegatt, hier Otzumer Balje: Wind NNW 4 verlangt etliche Kreuzschläge in dem sich verengenden Fahrwasser. Zunächst haben wir wunderbare Wassertiefen von 8 bis 16 m. Aber dann rücken die Brandungszonen des Westerriffs und der Mittelplate immer näher, auch akustisch. Die Wassertiefe nimmt ab, die Strömungsgeschwindigkeit nimmt zu. Wir starten vorsichtshalber den Motor, um sehr schnell reagieren zu können. Rettungswesten tragen wir sowieso.

Und richtig: Beinahe schlagartig geraten wir in eine Brandungszone, eindeutig zwischen den Fahrwassertonnen bei geringer Wassertiefe gelegen: Der FLIEGENDE STERN steckt seine Nase tief rein in die ersten Brandungswellen, wird gewaltig abgebremst, bäumt sich auf und schaufelt uns das Wasser bis auf das Kajütdach. Eine nächste Brandungswelle rollt auf uns zu, würde uns gern querschlagen.

Jetzt ordentlich Gas geben, Vortrieb und Ruderwirkung verstärken! Auch wenn die Genua flattert - geradewegs raus aus der Brandungszone! Hoffentlich bleibt es tief genug.


Es blieb tief genug, der FLIEGENDE STERN setzte nicht auf, die Motorkraft gab ausreichenden Schub. Leicht geschockt und dann erleichtert setzen wir unsere Reise in NE-licher Richtung fort. Das hatten wir so heftig nicht erwartet.

(Nach Redaktionsschluß erreicht uns die YACHT 20 vom 12..9..2012: Auf S.38 ff wird dort unter der Überschrift „Wildes weißes Wasser“ ausführlich über Schwierigkeiten und Unfälle bei der Passage von Seegatten und Außeneider, insbesondere von der Accumer Ee berichtet.)



Rückreise zur Elbe und nach Hamburg:

Wir meiden das Verkehrstrennungsgebiet und passieren die Neue Weser Reede mit etlichen Frachtschiffen in Warteposition vor Anker.

Aus der Weser kommend quert ein schneller Bohrinselversorger unseren Kurs. Mit deutlichem Manöver weichen wir aus.

Wenig später hören wir, dass klickend etwas an Deck unseres Bootes fällt. Wir finden eine kräftige Unterlegscheibe, dann eine dazugehörige selbstsichernde Mutter. Diese Sicherungsschraube des Lümmelbeschlages hat sich losgerappelt und der Bolzen ist fast schon herausgerutscht. Wann haben wir dort zuletzt kontrolliert?

Wir sichern den Großbaum, bergen das Großsegel und es gelingt schließlich, den Lümmelbeschlag wieder in die korrekte Position zu bringen und mit der Schraube zu fixieren. Der Wind hat inzwischen zugelegt und auf W gedreht. So ziemlich „platt vor dem Laken“ können wir auf das Großsegel gern verzichten. Wir erreichen um 13.00 Uhr die Scharhörnrifftonne-Nord, die Tide beginnt umzusetzen. Etliche Segler auf Gegenkurs haben ein weniger leichtes Spiel, sie wirken arg gebeutelt durch Seegang und Wind von vorn. Mehrere Boote nehmen Motorhilfe hinzu oder setzen ausschließlich auf Motorkraft. Uns bringen achterlicher Wind und Flut zügig voran. Wir können um 16.30 Uhr nach 51 sm in Cuxhaven anlegen.

Der folgende Hafentag in Cuxhaven ist mit Sicherungsschraubenkauf beim gut sortierten Yachtausrüster an der Hubbrücke und mit anderen Einkäufen im fertig aufgehübschten Lotsenviertel ausgefüllt. Endlich gibt es mal frische Krabben mit Bier. Beim großen Sommerfest an der Grimmershörner Bucht treffen wir Hans-Werner und Ulla mit seiner LILOFEE sowie Stefan und Jan mit ihren Balladen aus Glückstadt. Ein imposantes Feuerwerk bildet den abendlichen Abschluss.

Am nächsten Tag kommt uns auf unserem Weg zum Bade- und Ankerplatz am Rande der Medemrinne STROLCH unter Spinnaker entgegen. Gewinke hin und her – das kann die Strolch-Crew aber nicht von ihrem Weg ins Spezialitätenrestaurant in Cuxhaven abhalten. Die Rückfahrt nach Otterndorf machen wir dann später quasi gemeinsam, Jans BLACKOUT segelt vorneweg. Molenbier und Klönschnack mit Michael und Peter an Bord des STROLCH schließen diesen Tag ab.

Jetzt sollten eigentlich gemütliche und erholsame Tage an der Elbe folgen: Tagsüber haben wir jedoch überwiegend ablaufendes Wasser und der Wind dreht auf SE: So kreuzen wir bei wunderbarem Sonnenwetter 9 Stunden gegen Wind und Tide, um abends schließlich Wewelsfleth an der Stör zu erreichen, echter Segelsport!

Tidenmäßig haben wir uns jetzt soweit „vorgearbeitet“, dass wir mit dem Morgenhochwasser bis in die Krückau hinein und in den Dockhafen der dortigen Seglergemeinschaft gelangen.

Ein prima angewärmtes, strömungsfreies Becken, bestens geeignet, um alle möglichen Säuberungsaktionen buten und binnen vorzunehmen.


Am folgendem Tag, dem 15. August senkt ein hilfsbereites und kundiges Mitglied der dortigen Seglergemeinschaft extra für uns morgens der Wasserstand im Dockhafen ab, damit die Schleuse früher geöffnet werden kann und wir mit den beiden letzten Stunden der Flut Hamburg erreichen können. Böiger ENE-Wind hilft uns dabei.

Nach 24 Reisetagen machen wir dort um 15.20 Uhr an unserem Liegeplatz wieder fest. Wir haben insgesamt 362 Seemeilen zurückgelegt bei 7 Hafentagen.

Komfortable Häfen, wunderbare Strände und Landschaften – ein tolles Revier. Nur immer schön den Tidenkalender studieren und die Wasserstandsnachrichten beachten!

Die Ostfriesischen Inseln, aber auch Nordsee und Elbe waren die Reise wert!

 


Hamburg im August 2012


Uli Gebauer Klaus Lange